Immer wieder werde ich gefragt, welche Mundstücke ich selbst favorisiere.
Vorweg, die Wahl des richtigen Mundstücks ist eine sehr individuelle Entscheidung. Sie hängt vom jeweiligen Können, anatomischen Gegebenheiten (z. B. Lippenform, Ansatz usw.), der richtigen Atmung (bei Klarinettisten Zwerchfellatmung) sowie auch der Klarinette selbst ab (Größe der Innenbohrung).
Habe ich mich für eines entschieden, dann versuche ich auch dabei zu bleiben, damit sich mein Ansatz daran gewöhnt, was einige Wochen dauern kann. Wer noch wenig Erfahrung hat, sollte erst einmal das Original-Mundstück des Klarinetten-Herstellers nutzen. Hier kann nicht viel verkehrt gemacht werden, da es extra für die jeweilige Klarinette angepasst wurde. Der Ton spricht in allen Lagen leicht an und die Intonation stimmt oftmals auch.
Wer mehr bezüglich Tonschönheit, Intonation, Ansprache in allen Lagen erreichen will, dem empfehle ich auch einmal Ausschau nach anderen Mundstücken zu halten. Hier kann es in der Tat Verbesserungen, was Klang, Tonfülle und Intonation (besonders in hohen Lagen) betrifft, geben. Bei älteren Instrumenten ist hier die Intonation zu beachten, da es Unterschiede zwischen der Innenbohrung der Klarinette und des Mundstücks geben kann, was die Intonation negativ beeinflusst.
Hier mein Mundstücksfavorit (persönliche Empfehlung von Karl Leister), gespielt auf einer Herbert Wurlitzer 100c Solist (Baujahr 1981) und Yamaha 857 Serie II (Baujahr 2001):
Das Vandoren M30 D wurde in Anlehnung an Boehm-Mundstücke für die deutsche Klarinette entworfen. Es wird auch mit etwas breiteren Blättern gespielt. Dadurch erhält der Ton mehr Fülle und Ausdrucksstärke.
Grundsätzlich gute Erfahrungen für Adler, Schreiber, Yamaha-Klarinetten hatte ich mit dem:
Wurlitzer M3
gemacht. Das ist ein Allrounder und vor allem für fortgeschrittene Klarinettisten empfehlenswert.
Abschließend sei noch bemerkt, dass sich auch bei mir im Laufe der Jahre der Ansatz verändert. Dadurch ist es empfehlenswert, hin u. wieder nach Mundstück-Alternativen Ausschau zu halten. Viel Erfolg beim Testen!
Hier die Hörprobe, die mit der Mundstück-Blatt-Kombination: Vandoren M30 D, 56 Rue Lepic; Stärke 3.0, gespielt wurde
Immer wieder tauchen in der Klarinetten-Literatur zwei Namen auf, die viele Musiker vom Hörensagen kennen und doch sind in der einschlägigen Fachliteratur, nur noch wenige Informationen über jene Künstler zu finden. Geschuldet durch viele Kriegsjahre und den vom Wind der Zeit verwehte Spuren, soll dieser Fachbeitrag an zwei großartige Klarinettisten erinnern, die entscheidend die Klarinettenkultur in Deutschland prägten.
Hierbei handelt es sich um Heinrich Joseph Baermann (*14. Februar 1784 in Potsdam; †11. Juni 1847 in München) und seinen Sohn Carl (*24. Oktober 1811 in München; †24. Mai 1885 in München). Dabei zählten Vater und Sohn zu überaus bekannten Klarinettengrößen ihrer Zeit und das über Ländergrenzen hinweg, die entscheidend die Klarinettenkultur in jener Epoche prägten.
Vater Heinrich war ein Klarinettist, der als großer Virtuose auf seinem Instrument galt. Geboren in Potsdam als Sohn eines preußischen Militärmusikers, wurde schon früh sein musikalisches Talent entdeckt. Von 1797 bis 1804 erhielt Heinrich Joseph Baermann an der Militärmusikschule zu Potsdam, beim Klarinettisten Joseph Beer Musikunterricht, der als königlich preußischer Kammermusikus wirkte. Diese sehr prägende Zeit und Baermanns großes musikalisches Talent, sollten ihm in Zukunft noch viele Türen für seine Karriere öffnen.
Schon frühzeitig wurde Prinz Louis Ferdinand (1772-1806) auf den jungen Künstler aufmerksam und berief ihn letztendlich nach Berlin, wo er vom königlichen Hofmusiker Franz Wilhelm Tausch, der ein vorzüglicher Komponist und Klarinettenvirtuose war, ausgebildet wurde.
Als tiefen Einschnitt in seine Laufbahn ist hier der Napoleonische Krieg zu nennen, der Baermann vorübergehend dazu zwang, an den Kämpfen teilzunehmen, um dann auf tragische Weise in Kriegsgefangenschaft zu geraten. Glücklicherweise konnte er sich durch eine Flucht wieder daraus befreien. Jedoch fand er zurückgekommen, in das von Franzosen besetzte Berlin, keine Anstellung. Erst ein Empfehlungsschreiben des bayerischen Kronprinzen Ludwig I. Karl August (1786–1868), an seinen Vater König Maximilian I. (1756-1825) brachte die ersehnte Wende.
Baermanns Talent beeindruckte den König derart, dass er ihm unverzüglich eine Stelle in seiner Hofkapelle anbot. Für die Inszenierung von zwei Opern wurde die bekannte Sopranistin Helena Harlas (1785-1818) engagiert. Schnell freundeten sich Baermann und die bereits katholisch-geehelichte Helena an, was in einer tiefen, langjährigen Liebesbeziehung außerhalb der damalig-gesellschaftlichen Normen endete, woraus fünf Kinder entstanden, darunter auch sein Sohn Carl.
Nach dem frühen Tod seiner großen Liebe Helena Harlas, wagte Heinrich den Übertritt zum Protestantismus und heiratete am 19. September 1825 Maria von Calatin.
Baermann konnte sich immer weiter künstlerisch beim Bayerischen Königshaus etablieren, worauf ihm schlussendlich die Stelle eines „Ersten Klarinettisten“ in der Hofkapelle angeboten wurde, die er dankend annahm. Bis ca. 1834 stand er somit als Klarinettist an der Spitze des Bayerischen Königshofs. Besonders seine technische Brillanz und ausgeprägte, künstlerische Inspiration verhalfen ihm zu internationalem Ruhm und Anerkennung. Zwischen 1808 und 1843 führten ihn zwölf Konzertreisen etwa nach London, Paris, Wien, Moskau und Sankt Petersburg. Die in den Lehrwerken immer wieder erhobene Forderung, ein Klarinettist müsse auf seinem Instrument singen, erfüllte Baermann auf eindrucksvolle Weise und er begeisterte so sein Publikum.
Sein künstlerisches Wirken als Klarinettist, zusammen mit den späteren Wegbegleitern und Freunden, wie Carl Maria von Weber und Felix Mendelssohn Bartholdy, trugen einen erheblichen Anteil daran, dass großartige Werke für Klarinette von den zwei Komponisten geschaffen wurden, die Baermann durch sein Können inspirierte (wie z. B. Klarinettenkonzert Nr. 1 in f-Moll op. 73; Carl Maria von Weber oder auch Konzertstück für Klarinette, Bassetthorn und Klavier op. 113; Felix Mendelssohn Bartholdy). Als er am 11. Juni 1847 nach einem turbulenten Leben starb, wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Alten Südfriedhof in München beigesetzt.
Leben und Wirken vom Sohn Carl Baermann
Carl Baermann lernte schon zeitig bei seinem Vater Heinrich Klarinette und ging mit ihm in frühster Jugend, oftmals per Pferd und Wagen auf Konzertreisen. Diese für Carl überaus prägende Zeit schuf wichtige Grundlagen für sein späteres Wirken als Klarinettist, Komponist und Lehrer. Bemerkenswert sei hier, dass zwischen Vater und Sohn immer ein Klima der Selbstdisziplin und Strenge herrschte, ohne dies die virtuos-künstlerischen Leistungen wahrscheinlich nicht möglich gewesen wären. Überdrüssig von den vielen Reisen, die nicht nur inspirierend, sondern auch teilweise zeitraubend und anstrengend waren, beschloss Carl in München zu bleiben. Seine Liebe zum Bassetthorn ließ ihn zu einem ausgezeichneten Bassett-Klarinettisten werden.
Sein ausgeprägtes Interesse am Instrumentenbau, führte ihn 1855 zum Münchener Instrumentenbauer und Hoflieferanten Georg Ottensteiner (1815-1879), mit dem er 1859 die Baermann-Ottensteiner-Klarinette mit 18 Klappen entwickelte. Dies war eine enorme Weiterentwicklung gegenüber früheren Klarinetten. Durch die verbesserte Klappenmechanik konnten ab jetzt technisch-anspruchsvollere Musikstücke gespielt werden, womit der Klarinettist Richard Mühlfeld (1856-1907) später auch Werke von Johannes Brahms aufführte.
Auch als Komponist und Klarinettenlehrer wirkte Carl Baermann. Seine Klarinettenschulen; op. 63 und op. 64; sind auch noch heute ein wichtiger Bestandteil beim Klarinettenunterricht. In den zahlreichen Etüden wird der Schüler pädagogisch-geschickt durch die jeweiligen Dur- u. Molltonarten geführt, um systematisch technisch- u. musikalische Fortschritte zu erreichen.
Großes Augenmerk richtete Baermann hier auch auf die Tonentwicklung. Nach seiner Meinung spricht der „Künstler durch den Ton zu seinen Zuhörern“; oder der Ton soll „schön und edel“ sein; auch ein fingertechnisch perfekt vorgetragenes Stück ist ohne gepflegten Ton künstlerisch wertlos. Dem ist auch aus heutiger Sicht nichts hinzuzufügen. Am 24. Mai 1885, starb Carl Baermann ebenfalls wie sein Vater in München. Ein großer Verlust, der durch sein Wirken auch noch heute sichtbare Spuren in der Klarinettenwelt hinterlassen hat.
Hörbeispiel und YouTube Video mit Kopie einer Baermann-Ottensteiner-Klarinette „Romanze aus der Baermann Klarinettenschule“