Die Zauberklarinette

von Steffen Liers

Eine Kurzgeschichte für Kinder

Ida liebte Musik über alles, aber nicht so sehr wie ihren treuen Hund Fiffi. Jeden Morgen, wenn sie aufwachte, lag Fiffi neben ihrem Bett, wedelte mit dem Schwanz und wartete darauf, dass sie aufstand, um ein neues Abenteuer zu erleben.

Hin und wieder spielte sie schon ein paar Töne und kleine Lieder auf der alten Klarinette ihres Papas, und dachte sich schon oft dabei „Ach wenn ich nur ein eigenes Instrument hätte“.

Doch an einem besonderen Morgen entdeckte Ida etwas, das ihr Herz höherschlagen ließ: Auf ihrem Stuhl neben dem Bett lag eine glänzende Klarinette. „Papa!“, rief Ida aufgeregt. Ihr Vater kam lächelnd ins Zimmer. „Das ist für dich, Ida“, sagte er. „Ich spiele jetzt schon viele Jahre Klarinette, und ich denke, es ist Zeit, dass du deine eigene bekommst.“

Ida nahm das Instrument vorsichtig in die Hand und spürte sofort die Magie, die darin lag. Fiffi schnupperte neugierig daran und wedelte begeistert mit dem Schwanz. Am Nachmittag rannte Ida zu ihrem besten Freund Franz, der nur zwei Straßen weiter wohnte und schon etwas Gitarre spielte. „Franzi! Schau mal, was ich bekommen habe!“ Franz staunte, als Ida ihm die Klarinette zeigte. „Das ist ja toll!“, rief er. „Lass uns zum alten Waldteich gehen und ausprobieren, ob wir damit ein paar Töne spielen können, ich nehme meine Gitarre mit!“ Und so machten sich Ida, Franz und Fiffi auf den Weg in den nahen Wald.

Als sie an dem kleinen, versteckten Teich ankamen, setzte sich Ida auf einen umgestürzten Baumstamm und begann vorsichtig zu spielen. Franz begleitete sie mit seiner Gitarre dabei behutsam. Die ersten Töne waren nicht perfekt, aber plötzlich geschah etwas Magisches. Die Bäume begannen leise zu rauschen, als ob sie Idas Musik hörten, und das Wasser im Teich fing plötzlich an, wunderschön zu glitzern. „Hörst du das?“, flüsterte Franz. „Es ist, als ob der Wald deine Musik versteht!“ Fiffi bellte zustimmend und lief aufgeregt am Ufer entlang. Plötzlich kam ein kleiner Vogel herangeflattert und setzte sich direkt neben Ida. Es war, als ob er den Rhythmus ihrer Klarinette fühlen konnte. Ida spielte weiter, und der Vogel begann, die Melodie mit seinem Zwitschern zu begleiten. „Das ist unglaublich!“, rief Franz. „Deine Klarinette hat Zauberkräfte!“

Ida mit der Klarinette und Franz mit der Gitarre musizieren zusammen.

Von diesem Tag an war nichts mehr wie vorher. Immer, wenn Ida und Franz mit Fiffi in den Wald gingen und sie die Klarinette spielte, schien die Natur zum Leben zu erwachen. Die Blumen öffneten sich weiter, die Tiere kamen näher, und sogar der Wind schien mit ihrer Melodie zu tanzen. Fiffi war immer an ihrer Seite, bellte fröhlich oder rannte den Vögeln hinterher, die sich von der Musik anziehen ließen.

 Doch eines Tages, als sie tiefer in den Wald gingen, trafen sie auf etwas Unerwartetes: Ein riesiger, alter Baum, der schwach und krank aussah. Seine Blätter waren fast alle vertrocknet, und er stand dort einsam und stumm. „Vielleicht kann deine Musik ihm helfen“, schlug Franz vor. Ida stellte sich vor den Baum und lies die schönste Melodie erklingen, die sie je gespielt hatte. Fiffi setzte sich ruhig daneben, als ob er spürte, dass gleich etwas Besonderes geschieht.  Plötzlich kamen Vögel aus allen Himmelsrichtungen und setzten sich auf die Äste des Baumes und fingen lustig an zu zwitschern. Franz und Ida waren davon so begeistert, dass sie sich vornahmen, wenigstens einmal in der Woche den alten Baum zu besuchen und ihm mit der Klarinetten-Musik eine Freude zu bereiten.

Langsam, ganz langsam, begann der Baum sich wieder zu erholen. Kleine grüne Blätter sprossen hervor, und bald war der alte Baum wieder voller Leben. „Hurra, es funktioniert tatsächlich!“, rief Franz begeistert. „Du hast eine Zauberklarinette!“ Ida lächelte und streichelte Fiffi über den Kopf. Von nun an wussten sie, dass sie mit der Klarinette nicht nur Musik, sondern auch Wunder bewirken konnten. Gemeinsam, mit Fiffi immer an ihrer Seite, besuchten sie den alten Baum noch viele Jahre, der zu ihrem besten Freund wurde.