Klarinette selbst reparieren, ist dies (un)möglich?
Dieser Artikel richtet sich an handwerklich begabte Klarinettistinnen und Klarinettisten, die sich zutrauen, auch einmal selbst ein Klarinetten-Polster oder Kork zu wechseln.
Ich komme noch aus einer Zeit, als es nahezu eine Selbstverständlichkeit war, dass man auch ein defektes Polster selbst wechselte. Die Durchführung lernte ich damals bei meinem Klarinetten-Lehrer. Der Hintergrund war auch, dass nicht immer ein Instrumentenbauer vor Ort war, und man sich im „Notfall“ schnell selbst helfen konnte.
Natürlich sollte man hier erst einmal an einer alten Klarinette sein handwerkliches Geschick üben und nicht gleich an einem 3000 Euro-Instrument. Wer jedoch die Grundlagen gelernt hat, wird ein Stück Unabhängigkeit dazugewinnen, und braucht nicht wegen jedem kleinen „Klarinetten-Problem“ zum Instrumentenbauer. Das spart Zeit, Geld und Nerven.
Die Klarinette ist ein komplexes und empfindliches Instrument, dessen Mechanik und Materialien eine präzise Abstimmung verlangen, um ein optimales Klangbild und leichte Spielbarkeit zu gewährleisten. Eine Überholung bzw. Reparatur kann nötig sein, wenn die Ansprache beeinträchtigt ist, die Klappenmechanik nicht einwandfrei funktioniert oder Polster und Korken abgenutzt sind.
Die folgenden Schritte erklären, wie man das Polster der Klarinette fachgerecht wechselt. Eine Generalüberholung gehört jedoch nach wie vor in die Hand von einem Fachmann. Er wechselt ja nicht nur die Polster, sondern stellt die Mechanik neu ein bzw. beseitigt (soweit dies möglich ist) Probleme mit der Intonation. Eine vorzügliche Erklärung, wie man eine Klarinette überholt, seht ihr auch noch bei den beigefügten 3 YouTube-Videos von der Webseite www.meinsax.de.
Vorbereitung:
Bevor man beginnt, sollten Arbeitsbereich und Werkzeuge sorgfältig vorbereitet werden. Ein sauberer und gut beleuchteter Arbeitsplatz ist wichtig, da die Teile der Klarinette sehr klein und oft schwer zu handhaben sind. Zur Ausstattung gehören:
Uhrmacher-Schraubendreher.
Ein hochwertiger Kork- und Polsterkleber, Schellack. Einige Instrumentenbauer nehmen auch Heißkleber.
Reinigungsalkohol und Mikrofasertücher.
Kleiner Spiritusbrenner.
Klarinetten-Polster in verschiedenen Größen (gibt es beim Fachhandel).
Etwas säurefreies Feinmechanik-Öl.
Ausbau der Klappe:
Die Reparatur beginnt mit dem Abnehmen der Klappe. Jede Schraube und Feder muss vorsichtig entfernt und sicher abgelegt werden. Manchmal ist es auch notwendig, dass mehrere Klappen demontiert werden müssen, um das Problem-Polster wechseln zu können. Hierbei ist es sinnvoll, sich den Aufbau der Mechanik genau einzuprägen oder die Schritte notfalls zu dokumentieren (Fotos, Notizen etc.).
Polstertausch und Dichtungsprüfung:
Ein abgenutztes oder sprödes Polster sorgt oft für Undichtigkeiten, dadurch schwingt die Luftsäule nicht mehr optimal und beeinträchtigt somit die Tonqualität. Deswegen muss es gewechselt werden. Nachdem man die Klappe abgenommen hat, wird sorgfältig das alte Polster entfernt. Wurde es mit Heißkleber oder Schellack eingeklebt, genügt meistens eine kurze Erwärmung der Klappe über einer Spiritusflamme. Wichtig ist, dass alle Rückstände des Polsters und des Klebers aus der Klappe entfernt werden. Dazu kann man einen kleinen Schraubendreher verwenden.
Auswahl der Polster:
Die Polster können je nach gewünschter Klangeigenschaft variieren. Lederpolster dichten gut ab, sind aber nicht besonders langlebig, während synthetische Polster länger halten, jedoch auch genauer angepasst werden müssen, um „dicht“ zu sein.
Jetzt sucht man sich das passende Polster und klebt es wieder ein. Es sollte so eingesetzt werden, dass es das Tonloch vollständig verschließt. Dies kann man später mit einer kleinen Lampe kontrollieren. Die Lampe wird in die Innenbohrung der Klarinette eingeführt und dient dazu, bei montierter Klappe zu prüfen, ob sie dicht ist, wenn sie geschlossen wurde. Ist dies nicht der Fall, dann entweicht Licht. Als Alternative kann man auch Zigarettenpapier verwenden. Dies legt man unter die Ränder des Polsters. Kann man jetzt das Papier bei geschlossener Klappe hervorziehen, dann schließt das Polster nicht ordentlich und muss neu ausgerichtet werden. Hierzu braucht man die Klappe nur erneut zu erwärmen.
Jetzt kann man die Klappe wieder anbauen. Bitte nicht vergessen, an die Welle oder Schraube zur dauerhaften Gewährleistung der Funktion einen Tropfen Feinmechanik-Öl zu geben.
Justierung und Feinabstimmung der Mechanik:
Nach dem Austausch von Polstern ist die Justierung der Mechanik wichtig, um eine präzise und gleichmäßige Klappenbewegung zu gewährleisten. Besonders im Bereich der Verbindungsklappen, die mehrere Tonlöcher gleichzeitig schließen, ist eine exakte Justierung erforderlich. Kleinste Abweichungen können das Zusammenspiel der Klappen stören.
Die Justierung erfolgt durch feine Einstellschrauben und durch Regulierung der Federspannungen. Federn sollten genügend Widerstand bieten, aber nicht zu stramm sitzen, da sonst die Spielbarkeit leidet. Jede Schraube wird dabei so eingestellt, dass die Klappen synchron schließen und eine gleichmäßige Ansprache in allen Tonlagen möglich ist.
Korkreparaturen und -erneuerung:
Der Kork an den Zapfen und unter den Klappen dient zur Dämpfung und zur Abdichtung. Auch Kork an den Verbindungsstellen, die für das Zusammenstecken der Klarinette wichtig sind, kann mit der Zeit verschleißen. Um den Kork zu ersetzen, wird der alte sorgfältig entfernt, und die Fläche gesäubert.
Neuer Kork wird passgenau zugeschnitten und mit speziellem Korkkleber fixiert. Dabei ist wichtig, dass er keine Lücken aufweist und exakt abschließt. Der Kork muss nach dem Aushärten mit feinem Schleifpapier auf die richtige Dicke geschliffen werden, um eine perfekte Passung zu erreichen. Zu dickes oder zu dünnes Material führt zu lockeren Verbindungen oder übermäßigem Druck beim Zusammensetzen der Teile. Bei Birnen (Fässchen) aber auch der Glocke ist ein zu hoher Druck besonders problematisch, da das Holz im schlimmsten Fall reißen kann. Eine gründliche Reinigung der Klarinette mit einem Microfasertuch gehört zur abschließenden Pflege.
Klangtest und Endkontrolle:
Nach dem Wechsel des Polsters ist ein Klangtest natürlich wichtig. Wenn alle Töne gut ansprechen, ist die Arbeit gut gelungen.
Fazit: Der Wechsel eines Polsters ist durchaus machbar. Wer sich nicht sicher fühlt oder wenig Erfahrung hat, sollte die Arbeit lieber einem Instrumentenbauer überlassen.